Vom Kampf gegen Windmühlen und Stürmen im Wasserglas
Markus Herbrand

Sehr geehrte Damen und Herren,

man stelle sich vor, am Montag findet eine Expertenanhörung statt, alle Professoren und Politiker erscheinen und diskutieren, die Fachleute nutzen die zweistündige Aussprache, um den Gesetzesentwurf in der Luft zu zerreißen und am Donnerstag verabschieden die verantwortlichen Politiker von GroKo und Bundesregierung ungerührt ihre eigenen Vorstellungen. Getreu dem Motto, ich mach die Welt, wie sie mir gefällt, wurde das „Gesetz zur steuerlichen Förderung des Mietwohnungsneubaus“ mit der Mehrheit der Koalition am Donnerstag durch den Bundestag gedrückt. Das drohende Bürokratiemonster ohne nachhaltige und zielgerichtete Lenkungsfunktion für den Bau von Mietwohnungen vor allem in Ballungsräumen wird somit zum kommenden Jahr in Kraft treten. Ob die unabhängigen Experten neben der gesamten Opposition es nun für sinnlos halten oder nicht.

Plenarrede zum Mietwohnungsneubau

In meiner Rede vor der Abstimmung habe ich noch einmal auf die Mängel hingewiesen und sinnvolle Alternativen aufgezeigt, die langfristig wirken und keine zusätzlichen bürokratischen Hürden aufbauen (ein Klick auf das Foto führt zum Video). 

 

Dass es auch anders geht, hat diese Woche die fraktionsübergreifende Zusammenarbeit im Bereich der Bildungspolitik gezeigt. Gemeinsam mit den Koalitionsparteien und den Grünen haben wir uns auf eine Grundgesetzänderung geeinigt, die in Zukunft stärkeres finanzielles Engagement des Bundes für die Bildungsstätten unseres Landes ermöglicht. Mit den Finanzhilfen des Bundes an die Länder soll die Bildungslandschaft modernisiert und besser aufgestellt werden. Die qualitative Verbesserung der Schullandschaft lag uns dabei genauso am Herzen, wie eine zukunftsfähige Infrastruktur vom Internetanschluss über den funktionierenden Bunsenbrenner bis hin zur sauberen Schultoilette. Wir Freien Demokraten haben daher in dem wie ich finde gut gelungenen Kompromiss erreicht, dass die Gelder auch für Investitionen in Köpfe, also etwa zusätzliche pädagogische Kräfte und Weiterbildungsmaßnahmen für Lehrerinnen und Lehrer, genutzt werden können und nicht nur in die Sachinfrastruktur fließen. Das Bildungssystem in Deutschland und die Schülerinnen und Schüler werden von der Lockerung des sog. Kooperationsverbotes in hohem Maße profitieren. Und genau darum muss es gehen: Verbesserungen für unser Land und die Menschen zu erreichen! 

Kooperationsverbot gelockert

 

Neben diesem Beispiel gelungener Parlamentsarbeit gab es selbstverständlich auch in dieser Woche die üblichen Versuche der AfD mit Angst und Hetze Politik zu betreiben. Seit Wochen wird der UN-Migrationspakt vom rechten Rand als Ende des Abendlandes angekündigt. Zustimmende Politikerinnen und Politiker werden als Verräter gebrandmarkt, die unser Land opfern - und das obwohl die Vereinbarung entgegen den AfD-Unterstellungen keinerlei Änderungen unserer Asylgesetzgebung erfordert. Ohne das regelmäßige Schüren von Ängsten und die Untermauerung von Vorurteilen würde die AfD eben kaum wahrgenommen werden - Sacharbeit und schlüssige Konzepte für wirklich drängende Probleme unseres Landes sind nach wie vor Mangelware. Nachdem nun also in den vergangenen Wochen und Monaten (zuerst im April, zuletzt am Donnerstag dieser Woche) im Bundestag über das Thema diskutiert wurde, hat die AfD am Freitag erneut zwei Beratungen hierzu auf die Tagesordnung setzen lassen. Wohlgemerkt für eine rechtlich nicht bindende zwischenstaatliche Vereinbarung, deren Ziel es ist, Migration in geordnete - d.h. menschenwürdige - Bahnen zu lenken. Dass heißt nicht, dass nicht auch wir Freie Demokraten bei einigen Formulierungen Verbesserungsvorschläge hätten. Eine internationale Vereinbarung basiert aber eben nicht nur auf den Wünschen einzelner Ländern, sondern ist zwangsläufig ein Kompromiss. Für uns steht daher fest: Es ist besser diesen Pakt zu haben, als gar keine Einigung zu erzielen.

Ohne alle hinlänglich bekannten Argumente noch einmal zu wiederholen, möchte ich dennoch festhalten, dass mit der deutschen Unterzeichnung des Migrationspaktes weder die Verpflichtung einhergeht, unbegrenzt Flüchtlinge aufzunehmen noch erleichtert es die Migrationsmöglichkeiten in unser Land. Das Papier ist ein klares Bekenntnis zu den allgemeinen Menschenrechten. Würden diese nicht nur in Deutschland, sondern von allen 190 UN-Mitgliedsstaaten für alle in ihrem Land lebenden Menschen angewendet werden, würden zahlreiche Migrationsbestrebungen wahrscheinlich nicht weiter verfolgt. Die weitere direkte Folge wäre, dass Deutschland Menschen aus den betroffenen Ländern viel einfacher abschieben abschieben könnte, da den Abgeschobenen keine den deutschen Asylschutz bedingenden Gefahren im Heimatland drohen. Im Grunde genommen bietet der Pakt eine entscheidende Hilfe beim Kampf gegen Fluchtursachen: Migranten müssen künftig nicht um Leben, Freiheit und Besitz fürchten, wenn sie ein anderes z.B. afrikanisches Nachbarland betreten. Ich kann verstehen, dass die AfD ihr einziges Thema nicht aus der Hand geben will und die Verschwörungstheorien weiter spinnt (ich empfehle hierzu die treffende Analyse meines Fraktionskollegen Alexander Graf Lambsdorff). Besser für unser Land und die Menschen wäre es allerdings, wenn wir uns neben dem Migrationsthema auch um andere drängende Herausforderungen kümmern. 

Beste Grüße und einen schönen 1. Advent

Unterschrift Markus Herbrand

"Gewerbesteuerliche Hinzurechnung" oder vom Kampf gegen Windmühlen

Obwohl das deutsche Steuerdickicht immer neue Ausmaße annimmt und sich dort bald kaum noch jemand zurecht findet, Steuerberaterinnen und ihre männlichen Kollegen ausgenommen, haben sich GroKo und Bundesregierung offenbar mit diesem Zustand abgefunden. Die Gewerbesteuer ist dabei nur ein Beispiel für den dringenden Reformbedarf unseres Steuersystems. Diese Woche wurde unser Antrag die „Gewerbesteuerliche Hinzurechnung zu prüfen und bei Missständen Abhilfe zu schaffen“ sowohl im Finanzausschuss als auch im Tourismusausschuss diskutiert.

Ziel der Freien Demokraten ist es, eine Substanzbesteuerung von Unternehmen zu verhindern und endlich wieder für Rechtssicherheit und Planbarkeit zu sorgen. Seit der letzten Unternehmenssteuerreform vor zehn Jahren haben findige Finanzbeamte immer neue Möglichkeiten gefunden, die Gewerbesteuer noch breiter auszulegen. Dabei geht diese Auslegung oft über die ursprüngliche Absicht des Gesetzgebers hinaus. Vor allem die Reiseveranstalter sehen sich von dieser Auslegungspraxis in ihrer Existenz bedroht, viele ziehen eine Abwanderung in unsere Nachbarländer in Betracht. In langwierigen Verfahren durch die Instanzen sind unterschiedliche Finanzgerichte bisher zu verschiedenen Urteilen gekommen, ein Urteil des Bundesfinanzhofs steht weiter aus.

Sitzung des Finanzausschusses

Der Finanzausschusses war am Mittwoch voll besetzt - neben der Gewerbesteuer standen auch die Pläne zur Reform der Grundsteuer und die neuen Enthüllungen zu Steuertricks der Banken- und Finanzwirtschaft auf der Tagesordnung.

 

Statt vor diesem Hintergrund endlich eine politische Lösung herbeizuführen, wollen Union und SPD weiter abwarten. Unser Antrag wurde am Mittwoch in beiden Ausschüssen von der Koalitionsmehrheit abgelehnt - vollkommen ungeachtet der Tatsache, dass er die richtige Lösung für ein in der Realität existierendes und in Deutschland Arbeitsplätze bedrohendes Problem bietet. Ob die GroKo auf der anderen Seite einen Plan in der Schublade hat, falls die endgültige Rechtsprechung die bisherige Praxis der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung zurückweist, bleibt fraglich. So lange müssen die in Deutschland ansässigen Reiseveranstalter entweder überhöhte Steuern zahlen oder sie wechseln einfach ihren Standort und nehmen die Arbeitsplätze mit nach Spanien, Frankreich oder Polen. 

Unterschrift Abschaffung Solidaritätszuschlag

Der Finanzausschuss lehnte mit den Stimmen von Union und SPD im Übrigen auch diese Woche die von uns Freien Demokraten geforderte Abschaffung des Solidaritätszuschlages ab - zum mittlerweile vierten Mal in Folge. Zu meiner leidigen Pflicht als zuständiger Berichterstatter der FDP-Bundestagsfraktion zum Soli muss ich diese sog. Beschlussempfehlung des Finanzausschusses auch noch wöchentlich schriftlich bestätigen. Dabei würde ich mir sehr wünschen, dass meine nächste Unterschrift endlich die von uns Freien Demokraten geforderte Entlastung der Bürgerinnen und Bürger ermöglicht. Gemeinsam mit meinen Fraktionskollegen werde ich das Thema daher auch weiterhin nicht ruhen und wieder auf die Tagesordnung setzen lassen, um die Koalition unter Zugzwang zu setzen. 

 

Gut gemeint, ist nicht immer gut gemacht - Podiumsdiskussion zur Steuergestaltung

Steuerberaterinnen und Steuerberater sollen nach Willen des Bundesfinanzministeriums zum Erfüllungsgehilfen der Ermittlungsbehörden werden und Steuergestaltungsmodelle melden - und zwar nur auf den Verdacht hin, dass es sich um ein illegales Vorgehen handelt. Eine Definition, welche konkreten Modelle zu melden sind, bleiben die Verantwortlichen allerdings schuldig. Am Montag hatte das „Deutsche wissenschaftliche Institut der Steuerberater e.V.“ (DWS) zu einer Podiumsdiskussion über diese drängende Thema - die neuen Verpflichtungen sollen ab 1. Januar 2019 in Kraft treten - eingeladen, an der ich als Vertreter der FDP-Bundestagsfraktion teilnehmen konnte.

Podiumsdiskussion des DWS

Die DWS-Podiumsdiskussion am Montag war sehr gut besucht. Einigkeit herrschte darüber, dass die Gesetzesinitiative zwar gut gemeint, aber viel zu unpräzise formuliert wurde. 

 

Für mich ist offensichtlich, dass die beschriebene Rechtsunsicherheit dazu führen wird, dass lieber zu viel als zu wenig gemeldet wird, damit sich niemand selbst angreifbar macht. In der Folge drohen tausende Verdachtsmeldungen die Steuerbehörden zu überlasten - vom Verlust des gesetzlich verankerten besonderen Vertrauensverhältnis‘ zwischen Berater und Kunden ganz zu schweigen. Den Kampf gegen Steuerhinterziehung - die uns gesamtgesellschaftlich großen Schaden zufügt - wird jede Steuerberaterin und jeder Steuerberater immer unterstützen. Dazu gehören allerdings klare Regeln, welche Form der Steuergestaltung tatsächlich illegal ist. GroKo und Bundesfinanzministerium müssen hier dringend nachliefern. 

Diskussionsveranstaltung zum Bürokratieabbau

Am Freitag war ich zu Gast bei einer Fachveranstaltung der „Stiftung Familienunternehmen“ zum Thema „Bürokratieabbau“. Dabei wurde u.a. auch vor Überlastung der Finanzbehörden durch ständig neue Regularien und Meldepflichten gewarnt. Es bleibt zu hoffen, dass diese Warnungen und die eindeutigen Wünsche nach spürbar weniger Bürokratie vor allem zur Entlastung von Mittelstand und Kleinstunternehmen auch von den politischen Regierenden verstanden werden. 

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